Montag, 11. Dezember 2006

GemeindeLeben

Nachrichten der Kehilla Konstanz, Ausgabe Chanukka 5767

(Dezember 2006)

G’ttesdienstzeiten

Jeden Schabbat G’ttesdienst.

Freitagabend um 18.30 Uhr: Kabbalat Schabbat

Samstagmorgen um 9.30 Uhr: Schacharit und Mussaf

Die G’ttesdienste werden geleitet von Rabbiner Usi Teitelbaum.

Chanukka 5767

Freitag, 15. Dezember 2006

Erew Chanukka (Zünden des 1. Lichtes)/ Erew Schabbat

Schabbat , 25. Kislew (16. Dez.) bis 2. Tewet (23. Dez.) 1.- 8. Tag CHANUKKA

17. Dez. 15.00 Uhr Chanukkafeier

und Zünden des 3. Lichtes

Wir trauern um:

Frau Leika Gherbet s.A.

Frau Dr. Phylis Berg - Hartoch s.A.

WEITERE FEIERTAGE 5767 (2007)

Purim in der Synagoge

Samstag, 3. März 2007 18.30 Uhr

Erew Purim, Lesen der „MEGILLAT ESTER“ („Esterrolle“; Buch Ester)

Sonntag, 14. Adar (4. März) 9.30 Uhr

PURIM (Losfest)

Montag, 2. April 2007

Erew Pessach, SEDERABEND

Dienstag, 15. Nissan (3. April)

1.Tag PESSACH / 2. SEDER

Mittwoch, 16. Nissan ( 4. April) PESSACH

2.Tag PESSACH

Montag, 21. Nissan (9. April)

7.Tag PESSACH

Dienstag, 22. Nissan (10. April)

8.Tag PESSACH ; Jiskor

Dienstag, 22. Mai 2007

Erew Schawuot

Mittwoch, 6. Siwan (23. Mai) SCHAWUOT SCHAWUOT

1.Tag SCHAWUOT

Donnerstag, 7. Siwan (24. Mai)

2.Tag SCHAWUOT ; Jiskor

3. Feb. 2007: TU BISCHWAT (Neujahr der Bäume)

15. Apr.: JOM HASIKARON LESCHOAH (Schoah-Gedenktag)

23. Apr.: JOM HAAZMAUT (Unabhängigkeitstag Israels)

6.Mai: LAG BAOMER (33. Tag des Omer-Zählens)

16.Mai: JOM JERUSCHALAJIM (Jerusalem-Tag)

23. Juli.: Erew Tischa Beaw, Lesen der MEGILLAT ECHA (Klagelieder)

24. Juli: TISCHA BEAW (9. Aw; Fasttag zur Erinnerung an die Tempelzerstörungen)

12. Sept.: Erew Rosch Haschana 5768

DR.-ERICH-BLOCH-UND-LEBENHEIM-BIBLIOTHEK

DER ISRAELITISCHEN KULTUSGEMEINDE KONSTANZ K.d.ö.R.

(JUDAICA)

D-78462 Konstanz ( Sigismundstrasse 19 ( 1. Stock (linker Lift)

Öffnungszeiten in der Regel jeden 1. und 3. Montag im Monat von 16 bis 18 Uhr

(ausgenommen jüdische, gesetzliche oder regionale Feiertage)

Änderungen vorbehalten

Homepage: www.bsz-bw.de/eu/blochbib

Information: Thomas Uhrmann, Tel.: 07531/ 88 41 76 oder 07531/ 54 9 34

(thomas.uhrmann@bsz-bw.de)

Titelrecherche im Internet: SWB-Katalog http://swb.bsz-bw.de/DB=2.1/

und Regionalkatalog Konstanz des SWB: http://swb.bsz-bw.de/DB=2.203/

Die Judaica-Bibliothek der Israelitischen Kultusgemeinde Konstanz enthält über 3100 Bände zu den Themen jüdische Religion (Tora, Neviim, Mischna, Talmud, Rambam, Tur, Schulchan Aruch, Mischna Brura, Chassidut und weitere rabbinische Literatur in hebräischer und deutscher Sprache), zu den Themen jüdische Philosophie, Geschichte und Israel sowie Biographien, Belletristik, Kinder- und Jugendbücher, Zeitschriften, Kunst- und Bildbände (vorwiegend in deutscher Sprache), die zum grössten Teil entliehen werden können. Die Ausleihe ist kostenlos. Die Leitung der Bibliothek liegt in den Händen von Thomas Uhrmann.

„Jeder, der hungrig ist, komme und esse –

jeder, der bedürftig ist, komme und halte Pessach !“

Zum Sederabend in Konstanz

Von Dr. Suse Drost

„Jeder, der hungrig ist, komme und esse - jeder, der bedürftig ist, komme und halte Pessach!“: so heisst es in der Haggada, und so wurde es auch in diesem Jahr – wie stets in Konstanz – am 12. April, dem Sederabend, gehalten. Ich hatte mich schon lange darauf gefreut, dieses Jahr nach einer Pause von vier Jahren wieder einmal zum Gemeindeseder gehen zu können.

Ich nahm also meine Haggada, zog mich jontefdik an und sass zunächst mit allen anderen festlich gekleideten Menschen zum Gebet in unserer Synagoge. Der Seder fand anschliessend im Gemeindezentrum statt. Benni Nissenbaum wies die Plätze an, und wie immer fanden trotz der grossen Beteiligung alle Platz an der festlichen Tafel. Auf jedem Platz lag eine Haggada. Rabbiner Usi Teitelbaum führte durch den Seder, assistiert unter anderem von David Steffani und Moshe Amir. Im Wechsel sprachen und sangen sie die traditionellen Gebete und Texte. David Steffani sang das „Ma nischtana“ auf Hebräisch, Natalie Nissenbaum trug es in deutscher Sprache vor. Als Antwort auf ihre Fragen schloss sich wie vorgeschrieben die Erzählung des Auszuges der Kinder Israels aus Ägypten an, bis zu der Stelle „Nun wird nach Belieben gespeist...“. Das opulente Pessachmenü war auf der Rückseite des Gemeindeblatts ausgedruckt. Benjamin Nissenbaum persönlich servierte die köstlichen Speisen und hatte für jeden ein freundliches Wort. Die Gastfreundschaft in der Konstanzer Gemeinde darf als sprichwörtlich gelten – ganz im Sinne der Haggada, ganz im Sinne auch des Gemeindegründers Schimon Nissenbaum sel. A.

Es war schön und auch nicht so aussergewöhnlich wie etwa die ersten Sederabende nach dem Krieg in Düsseldorf, wo ich damals lebte. Meine Gedanken gingen an die Zeit nach 1945 zurück, als die Wunden, die der Holocaust geschlagen hatte, noch frisch waren. Ich erinnerte mich an einen der ersten Sederabende, zu dem ich mit meinen Eltern bei einem Rechtsanwalt und seiner Frau eingeladen war. Beide hatten unter falschem Namen in Berlin überlebt. Später gab es auch in Düsseldorf Gemeindeseder für die Menschen, die aus dem KZ in die Stadt am Rhein gekommen waren. Wieder später normalisierte sich die Lage zusehends, und der Seder gehörte schliesslich zum normalen Jahresablauf.

Als ich nach Kreuzlingen kam, wurde ich von der dortigen Gemeinde zum Seder eingeladen – und ebenso in Konstanz. Jedes Mal war es ein festliches Ereignis, auf das ich mich immer sehr freute. Es gehört zum Leben einer Gemeinde, die, wie Leo Baeck einmal sagte, zusammengehört und zusammen auch Widrigkeiten gewachsen ist.

Vier Jahre, waren, wie gesagt, für mich seit meinem letzten Sederabend vergangen. Aber ja nur für mich, und nicht etwa, weil uns Juden Unheil drohte wie etwa die Versklavung in Mizraim oder Verfolgung anderswo.

Die Gemeinde lebt

Von Suse Drost

„Es wird sich nichts ändern in unserer Gemeinde!“, versicherte mir Benni Nissenbaum, als ich ihn am zweiten Tag Schawuot, verunsichert von den Nachrichten in der lokalen Presse über die Quereleien zwischen dem Oberrat und unserer Kultusgemeinde, Fragen stellte.

Nachdem der Vorsitzende mich so beruhigt hatte, gingen meine Gedanken in die Zeit zurück, als ich Mitglied der Konstanzer Gemeinde wurde. Das war im Jahre 1968. Ich dachte darüber nach, was mir die Konstanzer Gemeinde und auch die Kreuzlinger, zu der ich wie damals alle Mitglieder stets eingeladen wurde, vor dem Hintergrund des Holocaust bedeutete. Die Gemeinde war für mich Hort und Zufluchtsstätte. Sie bedeutete ein Zuhause – damals wie heute. Man sass zusammen, man betete zusammen, man ass zusammen - dies alles in einer familiären Atmosphäre, die entspannt und unbeschwert war. Mit wachsender Rückkehr zur Normalität lockerte sich der Kontakt zu Kreuzlingen. Heute finden jeden Freitagabend und Schabbatmorgen G’ttesdienste in der Konstanzer Gemeinde statt, so dass nur der, der möchte, nach Kreuzlingen geht.

Ich, die ich älter bin, erinnere mich an einen Vortrag von Leo Baeck, den ich direkt nach dem Krieg in Düsseldorf hören durfte, als dieser die dortige Gemeinde besuchte. Ich erinnere mich noch so genau daran, weil mich dieser Vortrag erschütterte. Es ging darin um die Gemeinde, die nach Baeck lebendiges Judentum verkörpert. So wie Baeck es damals sagte, so fühle ich mich in der Kehilla Konstanz als Teil jüdischen Lebens. Wir sind so froh, dass die Gemeinde wieder mehr Menschen zählt, dass wieder – was damals schier undenkbar war – jüdisches Leben in Deutschland möglich ist. Deshalb wünsche ich, dass diese „meine“ Gemeinde in der Zukunft weiterlebt, wie Benni Nissenbaum es mir versicherte.

Urteile der Gerichtsverhandlungen

Im Zusammenhang mit den Streitigkeiten zwischen der IRG Baden und der Israelitischen Kultusgemeinde standen seit Pessach mehrere Gerichtstermine an. In der ersten Verhandlung wurde die IRG dazu verurteilt, Miete an die Nissenbaum GBR für die Gemeinderäume zu zahlen.

Kurz vor der Jahrzeit vom Schimon Nissenbaum sel.A. stellte Herr Goldenberg einen Eilantrag, um der Gemeinde die Nutzung des Friedhofes zu verbieten. Das Gericht sah jedoch keine Notwendigkeit, diese Forderung in einem Eilverfahren zu behandeln. Die Hauptverhandlung fand dann am 3. November statt. In dem anschliessenden Urteil vom 17. November stellte das Gericht fest, dass sich die Friedhofsgrundstücke wie bisher im Besitz der IRG Baden befinden, die Israelitische Kultusgemeinde Konstanz allerdings auch wie bisher die Nutzungsrechte für den Friedhof behält.

In einem weiteren Verfahren gegen Eli Erlich wurde die Gemeinde dazu verurteilt, seinen Lohn auszuzahlen. Das Urteil ist jedoch bis heute noch nicht rechtskräftig.

Der Vorstand

Öffentlichkeitsarbeit

Peter Stiefel konnte auch in den Monaten nach Pessach wieder zahlreichen Schulklassen sowie Gruppen, die regelmässig von April bis Oktober an jeden zweiten Sonntag im Monat mit der Tourist-Information einen Rundgang durch das „jüdische Konstanz“ machten, das Judentum in der Synagoge näher bringen und über das Leben der heutigen Israelitischen Kultusgemeinde informieren.

Am 30. Oktober begrüsste Peter Stiefel den „Stammtisch der Narrenzünfte“unter Leitung von Konrad Schatz, ehemaliger Stadtrat und Mesner des Münsters, zu einer Synagogenführung.

25 Studenten der „Katholischen Hochschulgemeinde Konstanz“ besuchten den Kabbalat-Schabbat-G’ttesdienst am 18. November und nahmen anschliessend am Kiddusch im Gemeindezentrum teil. Der G’ttesdienst und die fröhliche, ungezwungene Atmosphäre beim Kiddusch gefielen ihnen so gut, dass sie der Gemeinde eine grössere Geldspende zukommen liessen. Dafür ganz herzlich Tode raba – vielen Dank!

Ebenfalls im November erfuhren an zwei Terminen Schüler von Peter Stiefel in der Synagoge von jüdischer Tradition und heutigem jüdischen Leben in Konstanz.

Auf Einladung von Religionslehrer Peter Hipp besuchte Bibliotheksleiter Thomas Uhrmann am 15. Mai im Ellenrieder-Gymnasium die Schulklasse, die damals an dem Projekt unter dem Titel „Dialog zusammen führen - ein interreligiöser Wegweiser für die Stadt Konstanz und Umgebung“ arbeiteten, und erläuterte den Schülern den Schabbat und die Feiertage sowie verschiedene andere Aspekte des Judentums. Diejenigen Schüler, die in dem Stadtführer, der am 4. Oktober der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, das Judentum behandeln, waren schliesslich einige Tage später in der Synagoge zu Kabbalat Schabbat und im Gemeindezentrum beim Kiddusch zu Gast. Die Eindrücke von dem Besuch in der Gemeinde und von „ihrem ersten Besuch in einer jüdischen Einrichtung“ einige Monate zuvor, der Dr.-Erich-Bloch-und-Lebenheim-Bibliothek, schildern sie unter anderem im „Interreligiösen Stadtführer“ (siehe Bericht unten).

Peter Stiefel

Bibliothek

Lord Ralph Dahrendorf

Am Rande des Festaktes „40 Jahre Universität Konstanz“ am 21. Juni hatte Bibliotheksleiter Thomas Uhrmann Gelegenheit, Lord Ralph Dahrendorf - unter anderem Mitbegründer der Universität Konstanz, ehemaliger Direktor der London School of Economics and Political Science, Prorektor der Universität Oxford und seit Januar 2005 Forschungsprofessor am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung - in einem persönlichen Gespräch auf die Dr.-Erich-Bloch-und-Lebenheim-Bibliothek unserer Gemeinde aufmerksam zu machen. Dahrendorf, der als Soziologieprofessor an der hiesigen Universität früher viele Jahre in Konstanz lebte, zeigte sich positiv überrascht und fand es äusserst bemerkenswert, dass die Israelitische Kultusgemeinde in dieser Stadt inzwischen eine Judaica-Bibliothek eingerichtet hat, deren Benutzung sie auch der allgemeinen Öffentlichkeit anbietet.

Nach einem Artikel über die Bibliothek in der April/Mai-Ausgabe der Zeitschrift „Bodensse Kulturmagazin“ erschien im April auch ein ausführlicher Betrag von Bibliotheksleiter Thomas Uhrmann mit nun schon „historischen“ Fotos über die im Juni 2004 verstorbene frühere Leiterin der Judaica-Bücherei Else Levi-Mühsam im „Erich-Mühsam-Magazin“ der Erich-Mühsam-Gesellschaft in Lübeck.

Schenkung anlässlich des „Europäischen Tages der jüdischen Kultur“

Drei Kisten mit grossartiger Judaica-Literatur, darunter mehrere wertvolle Bildbände über Israel, Jerusalem und das jüdische Prag, wurden der Bibliothek von Inge Straub, Mitarbeiterin der Universitätsverwaltung, aus ihrem privaten Bestand überlassen. Inge Straub hatte zusammen mit ihrem Mann, dem Schauspieler Hans Helmut Straub, am Europäischen Tag der jüdischen Kultur unter anderem auch die Bibliothek besucht (siehe unter „Europäischer Tag der jüdischen Kultur“ unten) und dabei diese grosszügige Schenkung angekündigt. Eine besondere Entdeckung: in einem der Bücher, einem Bildband aus den 1960er Jahren mit dem Titel „Deutsche Juden heute“ aus dem Jahr 1965 findet man ein Foto, auf dem Shmuel Blumberg in der Synagogengemeinde Köln, wo er damals als Oberkantor tätig war, ganzseitig abgebildet ist. Für die aussergewöhnliche Bereicherung unserer Bibliothek mit 67 Büchern möchten sich der Gemeindevorstand und der Bibliotheksleiter auch an dieser Stelle sehr herzlich beim Ehepaar Straub bedanken!

Bewegte Geschichte eines Buches

Anlässlich des Todes von Else Levi-Mühsam sel.A. im Juni des Jahres 2004 schickte Thomas Uhrmann seinen Nachruf auf die frühere Leiterin der Bibliothek an mehrere Persönlichkeiten, von denen er wusste, dass sie in engerer Verbindung zu der Verstorbenen standen. Darunter war auch der über neunzigjährige Robert Wieler in Jerusalem, der lange Jahre als 1. Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Kreuzlingen aktiv war. Aus diesem Anlass ergab sich ein Telefongespräch, in dem Wieler von einem Buch mit dem Stempel „Jüdische Jugendbibliothek Konstanz“ berichtete, das er im November 1938 in der damaligen Bibliothek der Israelitischen Gemeinde Konstanz ausgeliehen hatte. Kurz danach wurde die Bibliothek von der Gestapo beschlagnahmt und Robert Wieler bewahrte den Band, der schliesslich mit ihm auch den Weg nach Jerusalem fand, bei sich auf.

Nun bot Robert Wieler an, das Buch – „Theodor Herzl’s Zionistische Schriften“ aus dem Jüdischen Verlag Berlin von 1905 - nach fast 70 (!) Jahren wieder nach Konstanz kommen zu lassen – einzige Bedingung: es müsse jemand persönlich abholen und für die heutige Bibliothek der Israelitischen Kultusgemeinde Konstanz an den Bodensee bringen. Dies geschah nun im November 2006, als Thomas Uhrmann seine Bekannte Gisela Pook, auch eine Freundin von Else Levi-Mühsam, anlässlich einer Israelreise bitten konnte, diese Aufgabe zu übernehmen. Nach fast 70 Jahren steht der Band nun wieder an seinem alten Platz, aber in der neuen Judaica-Bibliothek in der Sigismundstrasse.

Eine Rückführung von Büchern, die bis zur Zeit der Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten in deutschen Bücherregalen standen, hatte vor fünf Jahren schon einmal Peter Stiefel veranlasst. Damals fanden in der Hauptsache alte Siddurim und Machsorim aus dem Besitz seiner Familie den Weg von Südafrika in unsere Bibliothek.

5. Jahrzeit von Schimon Nissenbaum sel. A.

Auch diesmal kamen ausser unseren Gemeindmitgliedern, viele fromme Juden vor allem aus dem Ausland, um an der 5. Jahrzeit von Shimom Nissenbaum s.A. teil zu nehmen. Der Shielovtzer Rebbe, sowie Rabbiner Krakovski mit Begleitung reisent aus Israel an. Am Ohel wurde Tilim und von den Söhnen Benjamin und Gideon Nissenbaum das Kaddish gesagt.

Europäischer Tag der jüdischen Kultur 2006

Wer am frühen Sonntagmorgen des 3. September, drei Stunden vor Eröffnung des „Europäischen Tages der jüdischen Kultur“, zu den letzten Vorbereitungen das Haus Sigismundstrasse 19 betrat, dem kamen bereits verlockende Düfte entgegen. Der Frauenverein, unter Frau Basovskaia und Frau Abramova hatten schon seit Tagen köstliche Speisen – glatt koscher natürlich – für die Besucher vorbereitet.

Und in der gerade vergangenen Nacht hatten Moshe Amir und David Steffani von Mozei Schabbat bis kurz vor 2 Uhr in der Küche gestanden, um die israelischen Spezialitäten für den Imbissstand vor dem Haus zuzubereiten. Jetzt wurden das reichhaltige Buffet sowie Stände für Imbiss und Kosmetika vom Toten Meer aufgebaut, die Ausstellungswände mit Bildern und Zeitungsartikeln zur Geschichte der Gemeinde, zum jüngsten Gemeindeleben und der Bibliothek aufgestellt. Die Vitrinen mit einer Fotodokumentation über die Bestattung anonymer Opfer der Schoah in Warschau durch die von Schimon Nissenbaum ins Leben gerufene „Fundacja Rodziny Nissenbaumów“ wurden in das Gemeindezentrum getragen, um später Gideon Nissenbaums Vortag über die Arbeit der „Stiftung der Familie Nissenbaum“ in Polen zu illustrieren. Hinweisschilder zu den verschiedenen Programmpunkten und Veranstaltungsorten im Haus, letzte Beschriftungen an den ausgestellten Kultusgegenständen wurden angebracht und die Mikro-Anlage für die Musik eingerichtet. Viele flinke Helferinnen- und Helfer waren bis zur letzten Minute vor der Eröffnung im Einsatz.

Im Vorfeld war die Veranstaltung mehrfach ausführlich in verschiedenen regionalen und überregionalen Tageszeitungen, in den Monatszeitschriften „Akzent“ und „Qlt“ (Kulturblätter) und in den Schweizer Publikationen im angrenzenden Kanton Thurgau angekündigt worden. Die in Berlin monatlich erscheinende „Jüdische Zeitung“ brachte in ihrer Septemberausgabe sogar eine fast zweispaltige detaillierte Vorschau auf das Programm in Konstanz.

Wie bereits im vergangenen Jahr veranstalteten die Stadt Konstanz und die Kultusgemeinde diesen Tag, der in diesem Jahr unter dem Motto „Wege zur jüdischen Kultur“ gleichzeitig in 25 Ländern Europas stattfand, wieder in Zusammenarbeit mit der Stadt Konstanz. Und wie schon 2005 eröffnete daher Bürgermeister Claus Boldt nun auch den „Europäischen Tag der jüdischen Kultur 2006“:

"Ich freue mich sehr, dass die Israelitische Kultusgemeinde Konstanz zum zweiten Mal dem Aufruf der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen in Baden-Württemberg gefolgt ist und gemeinsam mit der Stadt Konstanz den heutigen Tag der offenen Tür feiert", sagte Bürgermeister Claus Boldt zu Beginn seine Ansprache. "Die deutsch-israelischen Beziehungen sind nicht denkbar ohne den Schatten des Holocaust. Deutschland trägt daher immer eine besondere Verantwortung für das Überleben des jüdischen Staates", so Boldt im Verlauf der Ansprache. Ausdrücklich begrüßte er den Beschluss der Bundesregierung zur Entsendung bundesdeutscher Soldaten in den Nahen Osten, um den Frieden zu sichern und eben jene Verantwortung zu unterstreichen.

Positiv überrascht und mit besonderer Genugtuung nahmen Vorstand und Mitglieder der Kultusgemeinde die Worte des Bürgermeisters zur Kenntnis, mit denen er sich hinter den Staat Israel stellte und die unmenschliche Taktik (zivile menschliche Schutzschilde im Libanon) seiner Gegner verurteilte. Es waren klare Äusserungen, wie sie die Juden in Deutschland und der Welt während der vergangenen Monate und vor allem in den Wochen des Libanonkrieges nur allzu häufig vermisst hatten.

„Benjamin Nissenbaum, der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Konstanz“, so war auf der offiziellen Webseite der Stadt Konstanz zu lesen, „skizzierte in seiner Ansprache die Situation und Entwicklung jüdischen Lebens in Konstanz nach 1945. Es war damals rasch publik geworden, dass Konstanz durch die Grenzlage zur Schweiz eine gute Möglichkeit bot, um in die USA, nach Australien und Israel zu kommen. Zu dieser Zeit waren circa 500 Befreite vor allem aus den Arbeitslagern aus Baden nach Konstanz gekommen, wo sie aber feststellen mussten, dass sich die Ausreise schwieriger als erwartet gestaltete. Jene, die in Konstanz blieben, gründeten Familien, deren Kinder anfangs von der Jüdischen Gemeinde in Kreuzlingen betreut wurden. ‚Eines dieser Kinder war ich’, sagte Benjamin Nissenbaum. Mitte der 1960er Jahre begann dann mit der Gründung der Gemeinde Freiburg-Konstanz ein reges Gemeindeleben in Konstanz.

Benjamin Nissenbaum führte eine Reihe von ‚Zeichen des Erinnerns’ auf, an denen die Stadt Konstanz aktiv beteiligt ist. Dazu gehören unter anderem die jährlich stattfindenden Gedenkansprachen auf dem jüdischen Friedhof zum 9. November 1938 und die Teilnahme an den ebenfalls jährlich stattfindenden Gedenktagen im südfranzösischen Gurs, wohin auch jüdische Einwohner aus Konstanz deportiert wurden.

Ein weiteres wichtiges Zeichen des Erinnerns, so Benjamin Nissenbaum, ist die durch die Stadt Konstanz in der Sigismundstraße aufgestellte Gedenkstele, in die die Namen der deportierten Menschen eingraviert sind“. Soweit die Beschreibung der Eröffnungsrede des 1. Vorsitzenden der Kultusgemeinde auf den Internet-Seiten der Stadt.


Anschliessend gab Benjamin Nissenbaum das prächtige Buffet mit kalten und warmen koscheren Spezialitäten frei, die Besucher strömten zur ersten von vier Synagogenführungen an diesem Tag durch Peter Stiefel – zusammen Rabbiner Usi Teitelbaum - und in die Dr.-Erich-Bloch-und-Lebenheim-Bibliothek zur Einführung von Bibliotheksleiter Thomas Uhrmann in der Bestand und in die jüdische Literatur. War die offizielle Eröffnung etwas weniger besucht als im Jahr zuvor, so stieg die Besucherfrequenz im Laufe des Tages deutlich auf die Zahl des Vorjahres an. Synagoge und Bibliothek waren zu den angekündigten Einführungszeiten jedes Mal nahezu überfüllt. Von den Synagogenführungen wechselten wahre Besucherströme in die Bibliothek und umgekehrt - vorbei an einer Ausstellung mit Fotos, Zeitungsartikeln und Textdokumenten, die Eindrücke von der Lebendigkeit des jüdischen Lebens in der nun seit vier Jahrzehnten bestehenden Kultusgemeinde in Konstanz nach dem Zweiten Weltkrieg vermittelte, und vorbei auch an ausgestellten Kultusgegenständen, die Anlass zu manchen Fragen der Besucher über deren Bedeutung an die Gemeindemitglieder gaben.

Unter den vielen Gästen waren unter anderem Claus-Dieter Hirt, Abteilungsleiter vom Hauptamt der Stadt Konstanz, mit dem die Gemeinde auch in diesem Jahr bei den Vorbereitungen zum „Europäischen Tag der jüdischen Kultur“ hervorragend zusammenarbeiten konnte. Ferner sah man Stadtrat Anselm Venedey (FWG), den Historiker und Publizisten Arnulf Moser, Michael Kuthe, Stellvertretender Amtsleiter des Stadtarchivs Konstanz, Dr. Marion Mallmann Biehler, Direktorin des Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg (BSZ), Peter Hipp, Religionslehrer am Ellenrieder-Gymnasium und Redakteur des „Interreligiösen Stadtführers“, sowie den Schauspieler Hans Helmut Straub, von 1985 – 2006 festes Mitglied des Konstanzer Stadttheaterensembles. Er hatte in der Bibliothek aufgrund der Frage eines Besuchers Gelegenheit, über William Shakespeares Intention und seine eigene Interpretation bei der Erarbeitung der Rolle des Juden Shylock im „Kaufmann von Venedig“ zu sprechen, den er in der vergangenen Spielzeit auf der Bühne des hiesigen Theaters verkörperte.

Draussen vor dem Haus bildeten sich bei angenehm trockenem Spätsommerwetter am Imbissstand von Moshe Amir mit seinen köstlichen israelischen Spezialitäten und dem Kosmetik-Stand seiner Frau Christine mit Produkten vom Toten Meer immer wieder längere Schlangen. Die Bänke und Tische vor dem Restaurant „Suppengrün“ nebenan, die dessen Inhaber Dieter Klug auch in diesem Jahr wieder für die Besucher der Kultusgemeinde zur Verfügung gestellt hatte, waren den ganzen Tag fast immer voll besetzt – hier kamen Besucher und Gemeindemitglieder bei den koscheren Speisen miteinander ins Gespräch. Und schliesslich konnte Aaron Schecht im ebenfalls stark frequentierten „Nisskosher“-Geschäft etliche Fragen über die Kaschrut beantworten.

Am Nachmittag standen zwei Vorträge im Saal des Gemeindezentrums auf dem Programm. Gideon Nissenbaum berichtete über Entstehung und Arbeit der „Stiftung der Familie Nissenbaum“ in Warschau, die sich seit über zwanzig Jahren für den Erhalt jüdischer Friedhöfe und Kulturdenkmäler in Polen einsetzt. Anschaulich beschrieb er die Schwierigkeiten, mit denen sein Vater Schimon Nissenbaum sel.A. bei der Gründung und beim Aufbau der Fundacja in dem damals kommunistischen Land zu kämpfen hatte und wie er sich beharrlich dagegen durchsetzen konnte. Tief beeindruckt von den Ausführungen Nissenbaums und der im Gemeindezentrum ausgestellten Fotodokumentation über die Bestattung anonymer Opfer der Shoa in Warschau, die ebenfalls von Schimon Nissenbaum und seiner Stiftung ermöglicht worden war, erfuhren die meisten Zuhörer hier erstmals, welche durchaus europäisch bedeutenden Aktivitäten von ihrer Stadt, von Konstanz, durch Initiative einer hier ansässigen jüdischen Familie ausgingen und noch immer ausgehen.

Der amerikanische Germanist und Judaist Dr. David A. Brenner, der zur Zeit Fulbright-Gastwissenschaftler an der Universität Konstanz ist, beschäftigte sich im zweiten Vortrag dieses Nachmittags unter dem Titel "Wege zum heutigen Judentum in Deutschland: Jüdisches Leben und Schreiben nach dem Holocaust" mit der zeitgenössischen deutsch-jüdischen Kultur und Literatur. Brenner verstand es, seine wissenschaftlich fundierten Ausführungen für die Zuhörer ebenso verständlich wie lebendig zu gestalten und regte wohl so machen Besucher dazu an, sich näher mit jüdischen Autoren der Gegenwart zu befassen.

Wer sein neu hinzu gewonnenes Wissen aus Synagogen-, Bibliotheksführungen oder den Vorträgen zu Hause noch vertiefen wollte, dem bot am Büchertisch der „Buchhandlung Homburger & Hepp“ deren Inhaber Daniel Widmaier eine Auswahl von Büchern zum Thema Judentum und jüdischer Regionalgeschichte zum Verkauf an.

Einen unerwartet grossen Zuspruch fand die Stadtführung durch das „jüdische Konstanz“, die Kurt Lang (er ist auch als Stadtführer für die Tourist-Information tätig) in der Sigismundstrasse startete. Um 15 Uhr setzte sich ein stattlicher Zug von über 50 Teilnehmern in Bewegung, um den Spuren der Juden in der Stadt nachzugehen.

Peter Stiefel, inzwischen schon recht erschöpft von den mehrstündigen Erläuterung in der Synagoge, setzte sich kurz vor 17 Uhr schliesslich in sein Auto und steuerte den Friedhof in der Wollmatinger Strasse an. Hier warteten bereits über 20 Personen auf eine Führung unter seiner Leitung über den jüdischen Teil des Hauptfriedhofes. Auch nach dem offiziellen Ende des Rundgangs hatte der 2. Vorsitzende der Kultusgemeinde noch keinen Feierabend: bis 19 Uhr musste er zahlreiche Fragen der interessierten Teilnehmer über den „Git Ort“ beantworten.

Einen sehr lebendigen Einblick in jüdisches Leben der Gegenwart zum Ende dieses vielseitigen Tages bot der Film „Fisch und Vogel“ von Studenten der Hochschule Konstanz (HTWG) am Abend im Kulturzentrum am Münster. Er dokumentiert die Begegnung der Studenten mit jungen Juden in Deutschland bei den Vorbereitungen zu ihrer Ausstellung „"Jüdische Jugend heute in Deutschland", die bereits in New York, Konstanz und Heidelberg zu sehen war und die derzeit noch bis zum 29. Januar 2007 im Jüdischen Museum Berlin gezeigt wird (siehe auch die Buchvorstellung unter „Weitere Nachrichten“). Der Film war ein zugleich heiterer wie auch ernsthafter und nachdenklicher, vor allem ermutigender Abschluss des „Europäischen Tages der jüdischen Kultur 2006“ in Konstanz.

Allen Mitgliedern der Gemeinde und allen anderen Beteiligten, die zum Gelingen dieses Tages beitrugen, gilt an dieser Stelle der herzliche Dank des Vorstandes.

Thomas Uhrmann

Nachfahren von Hans Thanhauser und Besucher aus Prag in Konstanz

Von Thomas Uhrmann

Montag, 18. September. Eine Gruppe, von vier Frauen schauen sich im "Nisskosher"-Laden um, und auf meine Frage, aus welchem Land sie seien, sagen sie: „Aus Israel und, von Dachau kommend, auf den Spuren unserer Familie. Unser Vater war Konstanzer“.

Als ich nach dessen Namen fragte und "Hans Thanhauser" zur Antwort bekam, holte ich sofort Peter Stiefel herbei, der ihnen von der „Stolperstein-Aktion“ nur vier Tage zuvor berichten und Fotos zeigen konnte. Von dieser Aktion in Deutschland hatten sie schon gehört, wussten aber nicht, dass zum Gedenken an Hans Thanhauser, ihren Vater, Grossvater und Urgrossvater, hier der erste „Stolperstein“ in einen Gehweg dieser Stadt eingelassen wurde. Als die Töchter erzählten, sie seien mit Erich Bloch und seiner Familie in Israel sehr befreundet gewesen, lag es nahe, sie „seine“ Dr.-Erich-Bloch-und-Lebenheim-Bibliothek zu führen und für sie in Blochs Standardwerk "Geschichte der Juden von Konstanz" jene Seite aufzuschlagen, auf der ein Foto vom ehemaligen Geschäft "Thanhauser" abgebildet ist. Die Thanhauser-Töchter Michal Raz und Naomi Tanai (abgeleitet von Thanhauser), die Enkelin Shlomit Craig und die Urenkelin Tali Dayan waren sichtlich bewegt und glücklich über das Zusammentreffen in der Gemeinde, liessen sich von Peter Stiefel noch die Synagoge zeigen, von der sie überaus beeindruckt waren.

Für die Jugendfreundin meiner Mutter in Haifa noch aus der Hamburger Zeit vor 1934 und deren Kinder und Enkel in Kiryat Tivon konnte ich Shlomit Craig noch einen „Südkurier“-Bericht und einen Artikel aus dem "Bodensee-Kulturmagazin" über die Bibliothek mit nach Israel geben, denn Shlomit wohnt, wie sich in dem Gespräch herausstellte, zufällig in der kleinen Stadt bei Haifa in deren Nachbarschaft.

Nun machten sich die Nachkommen Thanhausers auf den Weg in die Döbelestrasse zu dem „Stolperstein“, der an seinem ehemaligen Wohnsitz an ihn erinnert. Die Israelitische Kultusgemeinde wird weiterhin in Kontakt mit den Nachfahren Thanhausers stehen, um sie über das aktuelle Geschehen in der Kehilla auf dem Laufenden zu halten.

Am 2. Tag Rosch Haschana kamen ebenfalls unerwartete Gäste in die Gemeinde: Überlebende des KZ Theresienstadt, die jetzt in Prag leben, und zu einer Kur in Wasserburg an den Bodensee gekommen waren, erlebten die Kehilla Konstanz an diesem Hohen Feiertag mit ihrem festlichen Kiddusch. Sie waren voller Begeisterung von der Stimmung in der Gemeinde und von der Architektur der Synagoge. Benjamin Nissenbaum notierte ihre Adressen, um sie weiter über das Gemeindeleben zu informieren und verabschiedete sie mit einem Buchgeschenk über „Jüdisches Leben in Konstanz“, herausgegeben von Walter Rügert.

Die Hohen Feiertage

Ein bisschen wie damals:

Die Israelitische Kultusgemeinde feierte Rosch Haschana 5767

Schon lange hatte ich mich auf Rosch Haschana gefreut und wurde nicht enttäuscht, als ich am Freitag, dem 22. Oktober, zum Fest in die Sigismundstrasse kam. Unsere Synagoge war an diesem Abend noch mehr gefüllt als sonst. Auch diejenigen waren zum G’ttesdienst gekommen, die ihn nur zweimal im Jahr besuchen – nämlich an Rosch Haschana und Jom Kippur. Alle waren festlich gekleidet, und eine frohe Stimmung breitete sich aus. Der G’ttesdienst unterschied sich nicht allzu sehr von dem an den üblichen Freitagabenden.




Als wir nach dem Beten zum Festessen in unser Gemeindezentrum kamen, empfing uns im Speisesaal eine mit so viel Feingefühl gedeckte Tafel, versehen mit Tischkärtchen für alle 72 Personen, die sich angemeldet hatten. Wie immer in der Sigismundstrasse gab es aber auch für diejenigen Platz, die unangemeldet dazukamen, und so sassen schliesslich an die 90 Menschen an der Festtafel.

Benni Nissenbaum dankte allen fleissigen Helfern – vor allem Raw Teitelbaum, der als Kantor den G’ttesdienst hielt – und den Damen des Frauenvereins, die mit so grossem Einsatz das Festessen mit vorbereitet sowie auch das Dekorieren des Zentrums übernommen hatten. Auf jedem Platz lag eine kleine Challe – schliesslich war es ja Freitagabend. Nach altem Rosch Haschana-Brauch verzehrte man vor der Mahlzeit ein Stück Apfel mit Honig – so süss wie diese Apfelschnitte soll das Jahr werden, wünschte man sich! Das Essen selbst war ein Gedicht. Nach gutem gefilten Fisch, dargeboten auf silbernem Tablett, gab es appetitliche Törtchen aus gehackten Eiern. Die Bouillon mit Eierstich wurde gleichzeitig angerichtet, war heiss und wärmte. Aus Hähnchen, Kalb- und Suppenfleisch vom Rind bestand der Hauptgang. Ein sowohl für die Augen wie für den Magen ansprechendes Kompott aus frischen Früchten schloss das Essen ab. Peter Stiefel wies auf eine mirabellenähnliche Frucht in dem Dessert hin, die auch in seinem Garten in Südafrika gewachsen sei. Israelischer Wein, Traubensaft und Mineralwasser standen auf dem Tisch. Benni Nissenbaum, der als perfekter Gastgeber allen Gäste persönlich das Essen servierte, war überall und nirgends, kam selber fast nicht zum Essen und erfüllte jeden Wunsch. Applaus auf der ganzen Linie gab es für den Chefkoch Sergej Cherefko , und wir hatten allen Grund, als Dank für Speis und Trank Birkat Hamason, das Tischgebet, zu sprechen, mit dem dieser schöne und feierliche Abend ausklang.

Jom Kippur

Besonders gut gefüllt war die Synogoge am Erew Jom Kippur zum „Kol Nidre“-Abendgebet und auch am darauf folgenden langen Tag des Versöhnungsfestes. Anstrengender noch als für die Mitglieder der Gemeinde sind die vielen Stunden für den Vorbeter, besonders dann, wenn er den ganzen G’ttesdienst Gebete und Tora alleine leinen muss. Hier gilt der besondere Dank des Vorstandes und der Gemeindemitglieder Raw Usi Teitelbaum für seine grossartige Leistung an diesem Schabbat Schabbaton.

Das Anbeissen in diesem Jahr überraschte wieder als besonders üppige Festmahlzeit, zu der Benjamin Nissenbaum als 1. Vorsitzender nach dem Neila-Gebet, dem abschliessenden Schofarton und den ersten Handgriffen zum Aufbau der Sukka eingeladen hatte. Mit vollem Magen nach einem langen Fassttag und voller Vorfreude auf Sukkot trat man nach diesem wichtigen Tag am Ende der zehn Busstage den Heimweg an.

Von Thomas Uhrmann

Sukkot und Simchat Tora

Ungewöhnlich mild und trocken, als wollte er schon den langen „Dauerfrühling“ des Herbstes 2006 ankündigen, präsentierte sich der erste Abend des Laubhüttenfestes. Und so konnten die vielen Mitglieder, die nach dem Maarivgebet die Laubhütte bis auf den letzten Platz füllten, ohne zu frieren den Kiddusch und das reichliche Festmahl geniessen. Doch schon am nächsten Morgen bot die Sukka ein ganz anderes Bild: in der Nacht hatte heftiger Starkregen eingesetzt, der Boden war eine einzige grosse Pfütze und der Wandschmuck – bunte Bilder, die Moshe Amirs Kinder gemalt hatten – waren vom Wasser völlig herunter gewaschen. Was an diesem und an den anderen Festtgagen der Sukkot-Fröhlichkeit der Gemeinde keinen Abbruch tat.

Diese Fröhlichkeit erreichte dann an Simchat Tora bei den Hakafot mit den Torarollen seinen traditionellen Höhepunkt, mit dem der Zyklus der Herbstfeiertage (die Jeckes, die deutschen Juden der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, hatten hierfür die Bezeichnung „Herbstmanöver“ in ihrem Sprachgebrauch), die mit Rosch Haschana beginnen, seinen Abschluss fand. Mit dem Beenden des letzten Buches der Tora und dem Beginn des ersten Buches – „Bereschit“ – hatte das Jahr 5767 nun endgültig begonnen.

„Der interreligiöse Stadtführer Konstanz“ erschienen

Gelungene Publikation von Konstanzer Schülern –

Israelitische Kultusgemeinde auf 8 Seiten präsent

Anfang Oktober 2006 ist eine bemerkenswerte Arbeit von Schülern der Klasse 11bc (katholische Religionslehre) des „Ellenrieder-Gymnasium Konstanz“ als äusserst ansprechend gestaltete Broschüre erschienen: "Der interreligiöse Stadtführer - Wege durch Konstanz", so der Titel, beschäftigt sich auf 79 Seiten mit dem Leben von Juden, Christen, Muslimen und Buddhisten in der grössten Stadt am Bodensee. Entstanden ist die anspruchsvolle Veröffentlichung im Rahmen des Schulenwettbewerbs „Europäische Identität und kultureller Pluralismus“ der Herbert-Quandt-Stiftung/Altana (http://www.h-quandt-stiftung.de/files/aktuell/schulenwettbewerb-titel.pdf). Sie wurde vom Ellenrieder-Gymnasium (https://www.meg.schulen.konstanz.de) in Zusammenarbeit mit Elke Cybulla, Integrationsbeauftragte der Stadt Konstanz (http://www.konstanz.de), herausgegeben. Die Redaktion hatte Religionslehrer Peter Hipp, der die Schüler auch während des gesamten Projekts begleitete. Bei der Buchpräsentation am 4. Oktober im Ellenrieder-Gymnasium waren auf Einladung der Schule auch Peter Stiefel als Vertreter der Israelitischen Kultusgemeinde und Bibliotheksleiter Thomas Uhrmann für die Dr.-Erich-Bloch-und-Lebenheim-Bibliothek anwesend.

Der umfangreiche erste Teil - verfasst von Björn Eismann, Steffen Engelmann, Valentin Graf, Andreas Noe, Marc Rebholz und Sebastian Walter - widmet sich dem Judentum als der ältesten der Weltreligionen. In ihrem Vorwort unter dem Titel „Freitagabend in Konstanz“ zitieren die Schüler den Titel des Ausstellungprojekts „Jüdische Jugend heute in Deutschland“ (http://juedischejugend2005.ag.fh-konstanz.de/) von Studenten der Konstanzer Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG), das nach Konstanz, New York und Heidelberg seit 3. November 2006 noch bis zum 29. Januar 2007 unter dem Titel „jüdisch – jetzt“ im Jüdischen Museum in Berlin ((http://www.jmberlin.de/) zu sehen ist: „ Dieses HEUTE“, so die Konstanzer Autoren, „ist zum richtungweisenden Stichwort auch unserer Wege geworden. Der Wege zum jüdischen Leben in Konstanz heute. ‚Schabbat Schalom’ heisst jeden Freitagabend der grosse jüdische Friedensgruss – auch in unserer Stadt!“

Wie alle anderen Teile des Stadtführers beginnt der Teil „Judentum“ unter der Überschrift „Grundwissen“ mit einer allgemeinen Einführung zur Religion. Ein Kapitel beschreibt die Geschichte der Juden in Konstanz vom Jahre 1241 bis zu den Anfängen neuen jüdischen Lebens nach der Schoah. Auf mehreren Seiten wird die heutige Israelitische Kultusgemeinde Konstanz K.d.ö.R. (http://www.ikg-konstanz.de/ ), ihr Gemeindeleben und ihre Aktivitäten (http://www.alemannia-judaica.de/konstanz_synagoge n.htm) vorgestellt. Ausserdem beschreiben die Schüler ihren Besuch beim Kabbalat-Schabbat-G’ttesdienst am Freitagabend in der Synagoge und beim Kiddusch. Des weiteren werden in zwei Kapiteln Persönlichkeiten, die eine bedeutende Rolle in der Geschichte der Nachkriegsgemeinde spielten, gewürdigt: Sigmund Schimon Nissenbaum, Gründer sowohl der Israelitischen Kultusgemeinde in Konstanz als auch der „Stiftung der Familie Nissenbaum“ in Warschau (http://www.nissenbaum.pl/), die sich die Rettung und Erhaltung jüdischen Kulturgutes in Polen zum Ziel gesetzt hat, sowie Dr. Erich Bloch, der das Buch „Geschichte der Juden von Konstanz im 19. und 20. Jahrhundert“ verfasste und die Dr.-Erich-Bloch-und-Lebenheim-Bibliothek (http://www.bsz-bw.de/eu/blochbib) aufbaute. Diese Judaica-Bücherei, die der Gemeinde angeschlossen und für die Allgemeinheit zugänglich ist, wird in dem Kapitel „Porträt Einrichtung“ schliesslich näher vorgestellt. Im letzten Teil über das Judentum gehen die jungen Autoren unter anderem auf die Arbeit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (www.deutscher-koordinierungsrat.de) und der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (www.dig-bodensee.de) in Konstanz ein, bevor sich ihre Mitschüler auf den folgenden Seiten der Broschüre ebenso engagiert mit den anderen in Konstanz vertretenen Religionen beschäftigen.

Der interreligiöse Stadtführer - Wege durch Konstanz

Herausgeber: Ellenrieder-Gymnasium Konstanz/ Stadt Konstanz, Integrationsbeauftragte

Redaktion: Peter Hipp

Layout: Marina Fricke

Konstanz, Ellenrieder-Gymnasium 2006

79 S., zahlr. Ill. (farb.)

Thomas Uhrmann

(Veröffentlicht im Internet bei http://www.hagalil.com,

http://www.alemannia-judaica.de/konstanz_synagoge_n.htm )

und bei www.bsz-bw.de/eu/blochbib

Zukunft braucht Erinnerung

Gedenken an das Pogrom vom 9. November 1938

Die offizielle Webseite der Stadt Konstanz (http://www.konstanz.de, Meldung vom 10.11.2006), berichtete ausführlich über die diesjährige Gedenkveranstaltung auf dem jüdischen Friedhof in Konstanz:

"Durch den Geschichts- und den Ethikunterricht weiß ich gut Bescheid über das, was damals geschehen ist. Aber wenn ich hier so stehe, ist das nochmal etwas anderes", gibt ein Schüler des Ellenrieder-Gymnasiums seine Eindrücke wieder. Mit seinen Freunden der 13. Jahrgangsstufe und zwei Pädagogen, VertreterInnen der Israelitischen Kultusgemeinde, der christlichen Gemeinden sowie der Stadt, des Landratsamtes und des Deutschen Gewerkschafts Bundes hatte er gestern, am 9. November 2006 auf dem jüdischen Teil des Hauptfriedhofes der Opfer des Pogroms vom 9. auf den 10. November gedacht. Eingeladen zum Gedenken hatte Pfarrer Holger Müller, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Konstanz.

Als Vertreter der Stadt Konstanz sprach Stadtrat Wolfgang Müller-Fehrenbach vom 9. November als einem Tag der Trauer wie auch der Erinnerung: "Wir möchten dazu beitragen, dass die furchtbaren Ereignisse von damals nicht in Vergessenheit geraten, dass sie für uns ein Mahnmal bilden für unser heutiges Handeln: unser Engagement für Toleranz und Zivilcourage." Er sprach seinen ganz besonderen Dank und seine Anerkennung den SchülerInnen des Ellenrieder-Gymnasiums aus, die am Gedenken teilnahmen.


Benjamin Nissenbaum von der Israelitischen Kultusgemeinde in Konstanz erinnerte an die Gewalt, mit der in der im Volksmund verharmlosend "Kristallnacht" genannten Reichspogromnacht Juden verfolgt, geschlagen und ermordet, ihre Geschäfte geplündert wurden. "Sechs Millionen Juden wurden in einer unvorstellbaren, erstmals 'industrialisierten' Tötungsmaschinerie ermordet: zu Tode geprügelt, gequält, erschossen in Konzentrationslagern, vergast und verbrannt." Benjamin Nissenbaum sagte, die Politik sei angesichts der Tatsache, dass die Nationalsozialisten wieder "salonfähig" geworden sind, gefragt ihrer Verantwortung nachzukommen, und zwar sowohl durch Taten wie auch durch entsprechende politische Programme.

Beim Gedenken zitierte als Vertreter der römisch-katholischen Kirche Dekan Mathias Trennert-Helwig einen Psalm aus der Bibel und Rabbiner Usi Teitelbaum von der Israelitischen Kultusgemeinde in Konstanz sprach das Kaddisch-Gebet. Als Vertreterin des Deutschen Gewerkschaftsbundes Konstanz mahnte Andrea Schiele an, der 9. November müsse auch weiterhin ein Stolperstein im deutschen Kalender bleiben. In Vertretung von Landrat Frank Hämmerle sprach Sozialdezernent Alfred Gossner. Als eines von vielen Zeichen der längst begonnenen Versöhnung nannte er die Eröffnung der neuen Hauptsynagoge in München am 9. November 2006.

Anfang des vorvergangenen Jahrhunderts war auch in Konstanz das Verhältnis der BürgerInnen christlichen und jüdischen Glaubens ungetrübt: Die Schulen wurden gemeinsam besucht, der freiwillige Dienst bei der Feuerwehr und Mitgliedschaft in verschiedenen Vereinen brachten die Menschen einander näher. Etappen der Diskriminierung und Ausgrenzung der jüdischen MitbürgerInnen durch die Nationalsozialisten sind der am 31. März 1933 verhängte Boykott jüdischer Geschäfte und das ab dem Jahre 1936 "judenfreie" Konstanzer Strandbad. Auf die Synagoge in der Sigismundstrasse waren bereits in den Jahren 1935 und 1936 Brandanschläge verübt worden.

Mit den Novemberpogromen 1938 setzte die physische Verfolgung und offene Gewalt gegen die jüdische Bevölkerung ein: Am Abend des 9. November kam vom zuständigen SS-Gruppenführer aus Stuttgart die Aufforderung an die örtlichen Stellen der NSDAP, der SA und SS, die 1883 eingeweihte Synagoge zu zerstören. Dort hatte sich das religiöse Leben der jüdischen BürgerInnen aus Konstanz und Kreuzlingen hauptsächlich abgespielt. Im Anschluss an die Sprengung der Synagoge wurden fast alle jüdischen Männer, aber auch Frauen verhaftet. Zusammen mit den jüdischen BürgerInnen aus ganz Baden und der Pfalz wurden auch die Konstanzer Juden und Jüdinnen am 22. Oktober 1940 in das südfranzösische Lager Gurs deportiert, von wo nur wenige zurückkehrten.

Die bereits im Jahre 1863 gegründete Israelitische Gemeinde in Konstanz hatte aufgehört zu existieren. In Kreuzlingen war als Folge der Verfolgungen in Konstanz am 23. August 1939 die Israelitische Gemeinde als jüngste der damals 24 jüdischen Gemeinden in der Schweiz formell gegründet worden.

Weitere Nachrichten

zusammengestellt von Thomas Uhrmann

Geburtstage

Unser Mitglied Nathan After (Nussen Ben Mordechai) wurde am 6. Oktober 92 Jahre alt!

Sonja Nissenbaum wurde am 22. November 77 Jahre alt! William Wermuth und

Naum Kamara feierten beide am 23. November ihren 80. Geburtstag. Wir wünschen Ihnen allen für das neue Lebensjahr Gesundheit und Naches, Masel tow und herzlich: ad mea w’esrim –auf 120!

Ausflug nach Ulm abgesagt

Ein für Sonntag, 11. Juni, geplanter Gemeindeausflug, organisiert von Felix Spektor, mit einer Führung durch das „jüdische Ulm“ musste kurzfristig abgesagt werden. Der darauf spezialisierte Ulmer Reiseleiter war plötzlich schwer erkrankt; ein Ersatz stand nicht zur Verfügung. Geplant ist, den Ausflug zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen.

Fröhliche Seniorentreffen

Alle vierzehn Tage am Sonntag treffen sich, organisiert von Frau Plotkina und Maria Basowskaya die Senioren zu einem geselligen Nachmittag mit Kaffee und Kuchen im Gemeindezentrum. Dabei steht auch immer ein speziell jüdisches Thema im Vordergrund der Gespräche.

Dreharbeiten auf dem Friedhof

Unter der Leitung von Katrin Brüggemann und beraten von Peter Stiefel drehte ein Team der „didactmedia“ (Konstanz) am 12. Juni auf dem jüdischen Friedhof für ein Video mit dem Titel „Tabuthema Tod“, das in den Schulunterricht Eingang finden soll. Der Film für Jugendliche nähert sich dem Umgang mit dem Tod und der Trauerverarbeitung an praktischen Beispielen und zeigt unter anderem die Entstehung von Trauer- und Bestattungsritualen sowie diesbezügliche wichtigste Merkmale in den großen Weltreligionen, beispielsweise bei muslimischen und jüdischen Friedhöfen in Deutschland.

Kein Anschluss nach Düsseldorf

Auf Einladung des Zentralrats der Juden in Deutschland machte sich Peter Stiefel am frühen Morgen des 28. Mai zur Bahnreise nach Düsseldorf auf, um an der Trauerfeier für dessen Präsidenten Paul Spiegel sel.A. teilzunehmen. Allerdings kam der Zug (RE 19634) von Singen/Htwl. nur bis Böblingen und blieb dort wegen einer Störung stehen. Dadurch war es nicht möglich, den Anschlusszug in Stuttgart um 09:51 Uhr zu erreichen. Eine Ersatzverbindung wurde gefunden, und Peter Stiefel wäre um 13:31 Uhr über Mannheim und Köln - etwas knapp, aber gerade noch rechtzeitig - in Düsseldorf angekommen. Leider verliess dieser Zug (ICE 690) Stuttgart mit ca. 8 Minuten Verspätung. Aufgrund dessen konnte Peter Stiefel den Anschluss in Mannheim nicht erreichen, und da jetzt eine rechtzeitige Ankunft in Düsseldorf aussichtslos war, ging die Reise in Mannheim für den Zweiten Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde, aber auch für einige Vertreter der jüdischen Gemeinde aus Rottweil zu Ende. Und so blieb ihnen, enttäuscht und ärgerlich, nur noch die Rückreise in ihre Heimat.

Angesichts der Tatsache, dass solche Verspätungen bei der (Deutschen) Bahn kein Einzelfall, sondern eher die Regel sind, ist der glückliche Umstand nicht zu unterschätzen, dass Moische Rabenu und die Israeliten bei ihrem Auszug aus Ägypten nicht auf die Deutsche Bahn angewiesen waren und statt auf Bahnchef Mehdorn auf Haschem vertrauen konnten. Sonst würde das jüdische Volk möglicherweise noch heute in Erez Mizraim auf den Anschluss ins Gelobte Land warten.

Viele Anschlüsse in Düsseldorf

Auf mehrfachen Anschluss in Düsseldorf hingegen, und zwar zu vielen jungen Leuten aus ganz Deutschland, konnten sich Elena Luyubchyk und David Steffani vom 30. November bis 3. Dezember in Düsseldorf freuen. Da nämlich ging der Jüdische Jugendkongress 2006 mit dem Thema "Bedrohung von Außen - Spaltung von Innen: Die jüdische Gemeinschaft vor großen Herausforderungen“, organisiert von der ZWST ( der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V.), über die Bühne. Neben Vorträgen, Disskussionen und Schiurim wurde auch Schabbat gefeiert, und eine grosse Party (mit den erwähnten Anschlussmöglichkeiten!) stand ebenfalls auf dem Programm. Wir hoffen, dass Helena und David uns in der nächsten Ausgabe der Gemeindenachrichten ausführlich über ihre Eindrücke und Erlebnisse berichten werden.

Hannah Götz in ihre Heimat zurückgekehrt

Ende Juli hat Hannah Götz, langjähriges Mitglied der Kultusgemeinde, Konstanz verlassen und ist nach zwanzig Jahren in Deutschland wieder in ihre Heimat – in das sonnige Kapstadt - zurückgekehrt. Hannah wird die Gemeinde ganz besonders vermissen (und umgekehrt die Gemeinde sie), war sie doch noch eine der wenigen von den ganz „alten“ Mitgliedern der Kehilla. Aber sie wird durch Peter Stiefel weiterhin am Gemeindeleben teilhaben – und wir werden auch von ihm über Hannahs Wohlergehen informiert. Für ihren neuen Lebensabschnitt in der neuen, aber vertrauten Umgebung wünschen wir ihr jedenfalls alles Gute und - hoffentlich: Auf ein Wiedersehen beim ihrem Besuch in Konstanz – oder beim nächsten Gemeindeausflug nach Kapstadt!

Jahrzeit Oberkantor Shmuel Blumberg sel.A.

Zum Jahrzeitgedenken an den unvergessenen Shmuel Blumberg sel. A. am 12. Kislew (in diesem Jahr am 3. Dezember) versammelte sich ein grosser Minjan am Grabe des 1998 verstorbenen Oberkantors der Gemeinde. Auch Benito Gutmacher, vielfach in Vertretung als Vorbeter in der unserer Gemeinde tätig und Freund von Shmuel Blumberg, war wie in jedem Jahr auch diesmal zu diesem Anlass aus Freiburg angereist.

Peter Stiefel beschrieb in seiner Rede, wie er Blumberg kennen lernte, als er zu Besuch bei seinen Eltern in Konstanz war und in die Gemeinde kam. Er habe erlebt, wie intensiv die Atmosphäre bei den G’ttesdiensten unter seiner Leitung waren und wie hoch geschätzt und beliebt er bei allen Mitgliedern gewesen sei.

Gideon Nissenbaum zeichnete den Lebensweg von Shmuel Blumberg nach: Geburt im polnischen Lodz, Jugendjahre im Jerusalem des damaligen Palästina, Oberkantor am sogenannten „Seidenstettentempel“ (der Hauptsynagoge Wiens in der Seidenstettengasse), später in Köln und schliesslich Oberkantor in Freiburg-Konstanz sowie der später eigenständigen Israelitischen Kultusgemeinde Konstanz. Viele Schüler von Blumberg bekleideten heute religiöse und andere Ämter in verschiedenen Gemeinden in Deutschland und darüber hinaus, betonte Gideon Nissenbaum und erinnerte sich in seiner eindrucksvollen Ansprache an den Unterricht in seiner eigenen Kindheit und Jugend bei Shmuel Blumberg. Den Kindern hebräische Buchstaben und Worte beibringen, so Nissenbaum, könnten auch andere Lehrer – aber dabei echte, tiefe Jüdischkeit in das Herz seiner Schüler zu pflanzen, das habe Shmuel Blumberg vermocht wie kein anderer.

Raw Usi Teitelbaum sprach das „El male rachamim“ und Verse aus dem 119. Psalm, deren Anfangsbuchstaben den Namen des Verstorbenen und das Wort "Neschama" ( Seele) buchstabieren, und die versammelten Gemeindemitglieder sagten gemeinsam Kaddisch.

Neue Gemeinde in Weingarten eröffnet

Der 1. Vorsitzende der unserer Gemeinde, Benjamin Nissenbaum, und Avi Narunski vertraten die Kehilla Konstanz bei der Gründungsfeier der neuen jüdischen Gemeinde in Weingarten

am 3. Dezember. Weingarten gehört zur „Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs K.d.ö.R.“ und wird daher von Stuttgart aus betreut.

Da es bisher am oberschwäbischen Bodenseeufer und dessen Hinterland keine jüdischen Institutionen gab, hatte Benjamin Nissenbaum und die Kehilla Konstanz den Neueinwanderern seit ihrer Ankunft in Weingarten vielfach Unterstützung zukommen lassen. So konnten wir die „Weingartener“ auch des öfteren zu den Feiertagen in Konstanz willkommen heissen.


Als Buch erschienen:

„Jüdische Jugend heute in Deutschland“

Das lange angekündigte Buch der Studenten der Hochschule Konstanz (HTWG) zu ihrem Ausstellungsprojekt „Jüdische Jugend heute in Deutschland“ ist Anfang November, rechtzeitig zum Beginn der Ausstellung im „Jüdischen Museum Berlin“, erschienen:

Jüdische Jugend heute in Deutschland

Fotografien und Interviews

Hrsg. von Volker Friedrich und Andreas P. Bechtold

1. Auflage

Konstanz, UVK Verlagsges.
2006, 182 Seiten, Ill. ( 146 farb., 12 sw.)
ISBN 3-89669-631-9

Die Fotografien und Interviews mit jungen Juden in verschiedenen Städten der Bundesrepublik, die für die Ausstellung befragt worden sind, darunter auch Roy Altstätter, Schüler aus Konstanz, mit seiner Schwester und der Student Daniel Nemirovsky aus Heidelberg, der früher in der Konstanzer Gemeinde war, werden in diesem Buch dokumentiert. Bei den Vorbereitungen zu ihrem Projekt hatten sich die Hochschulstudenten auch in der Kultusgemeinde und ihrer Bibliothek über heutiges jüdisches Leben informiert und beraten lassen, was freundlicherweise im Anhang des Buches unter dem Kapitel „Danksagung“ in den beiden Abschnitten „Verbände, Vereine, Gemeinden und Institutionen“ sowie „Unterstützung und Rat“ nicht unerwähnt bleibt. Am 2. April hatten Daniela Di Lena, Jörg Schwertfeger und Professor Andreas Bechtold bei einer öffentlichen Veranstaltung im Gemeindezentrum in der Sigismundstrasse ausführlich über ihr Projekt berichtet.

Ein Fazit zum Abschluss

Festliche Jomim toiwim, jeden Schabbes Minjan, mit Raw Usi Teitelbaum ein Rabbiner, der für all das und mehr an jedem Wochenende und darüber hinaus die Bahnreise von Frankfurt nach Konstanz auf sich nimmt, Unterricht für die Kinder, zahlreiche Synagogenführungen für Schulklassen und andere Gruppen, eine für die Allgemeinheit zugängliche Judaica-Bibliothek und ein koscheres Geschäft, Beteiligung von Vertretern der Gemeinde in verschiedenen Gremien und Institutionen, ein aktiver Frauenverein, gesellige Seniorentreffen und engagierte Sozialarbeit, Beratung und Mitwirkung an externen Printpublikationen und Filmen über jüdisches Leben, Veröffentlichungen über die Gemeindeaktivitäten in Zeitungen und Zeitschriften von Konstanz, der Schweiz bis Berlin und Lübeck, Repräsentanz der Vorstände bei offiziellen Anlässen in Konstanz und anderen Städten, dies alles zeigt: diese Gemeinde lebt und ihre Aktivitäten sind positive Impulse, die nach innen und nach draussen in die Öffentlichkeit strahlen – so wie in diesen Tagen wieder die Lichter der grossen Chanukkia auf dem Vordach in der Sigismundstrasse. Jener Strasse, in der diese Nachkriegskehilla als Israelitische Kultusgemeinde K.d.ö.R. seit 40 Jahren beheimatet ist und in der auch die geplante neue Synagoge stehen wird.

Impressum

GemeindeLeben

Herausgeber: Israelitische Kultusgemeinde Konstanz K.d.ö.R.

1. Vorsitzender: Benjamin Nissenbaum

2.Vorsitzender: Peter Stiefel

Redaktion: Peter Stiefel, Thomas Uhrmann

Beiträge: Dr. Suse Drost, Peter Stiefel, Thomas Uhrmann und Vorstand;

Webseiten der Stadt Konstanz

Fotos: Benjamin Nissenbaum