Dienstag, 22. Januar 2008

SÜDKURIER KONSTANZ

19.01.2008

Konstanz

Grundstein für jüdisches Tauchbad

VON CLAUDIA RINDT

Erstmals seit dem Mittelalter sollen Juden in Konstanz wieder ein Tauchbad für die rituelle Reinigung nutzen können. Im Hof neben der Synagoge der Israelitischen Kultusgemeinde in der Sigismundstraße wurde gestern der Grundstein für den Bau einer Mikwe gelegt.

Konstanz - Eine etwa fünf Meter tiefe Baugrube unter einem blauen Davidstern, so zeigte sich gestern neben dem Restaurant Suppengrün der Platz, auf dem das jüdische Ritualbad entstehen soll. Für den Bau hat die Israelitische Kultusgemeinde nach eigenen Angaben einen Experten aus Israel beigezogen, den Rabbiner Meir Posen. Er wacht darüber, dass das Bad den Vorschriften entsprechend koscher gebaut wird, sich also für die rituelle Reinigung eignet.

Es ist beispielsweise verboten, ein kostengünstiges Fertigbetonteil als Becken zu verwenden oder Wasser heranzupumpen. Für das Bad eignet sich dagegen direkt der Natur entnommenes Wasser, also etwa Grund-, Quell- oder Regenwasser. In Konstanz haben sich die Spezialisten für eine Kombination aus Grund- und Regenwasser entschieden. Vorausgegangen waren Tiefenbohrungen. Vom Bad soll es einen direkten Zugang zur Synagoge geben. Die Konstanzer Familie Nissenbaum und die Nissenbaum-Stiftung wollen für die geschätzten Baukosten von rund 300000 Euro aufkommen, ebenso für die laufenden Kosten.

Benjamin Nissenbaum, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde, zeigte sich bei der Grundsteinlegung erleichtert, dass die technischen Probleme dank der Unterstützung des Experten aus Israel gelöst wurden. Schon Vater Sigmund Nissenbaum habe eine Mikwe in Konstanz geplant, sei aber an technischen Schwierigkeiten gescheitert. Er freue sich, nun die Arbeit des Vaters fortsetzen zu können. Sigmund Nissenbaum hatte sich nach dem Krieg für den Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde in Konstanz und den Erhalt jüdischer Friedhöfe sowie Kulturdenkmale in Polen eingesetzt. Er gründete zu diesem Zweck in Warschau eine Stiftung. Seit Ende der 80er-Jahre existiert auch ein deutscher Ableger. Ziel der Familie sei es, jüdische Traditionen zu erhalten, zu leben und weiterzuführen, stellte Benjamin Nissenbaum fest. Zur Grundsteinlegung füllten die Brüder Benjamin und Gideon Nissenbaum sowie Rabbiner Usi Teitelbaum eine Metallbox, die in den Grund der Baustelle eingelassen wurde. Unter anderem enthält sie eine hebräische Widmung auf Pergamentpapier, auf der alle Teilnehmer der Feier unterschrieben, eine Gedenkmünze der Stiftung, eine Münze aus Israel, ein Buch mit dem wichtigsten jüdischen Gebet und eine Ausgabe der lokalen Zeitung.

Gideon Nissenbaum sagte im Rahmen der Feier, er rechne nun auch mit einem Durchbruch für den geplanten Neubau der Synagoge in diesem Jahr. Wegen juristischer Auseinandersetzungen mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden liegt der geplante Neubau in der Sigismundstraße, etwa 300 Meter entfernt von der Baustelle für das Bad, seit Jahren auf Eis.